Wormser Geschichte mit Briefmarken erzählt
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Worms [vɔʁms, im Dialekt vɔms] (lat. Wormatia, Borbetomagus oder Civitas Vangionum) ist eine kreisfreie Stadt im südöstlichen Rheinland-Pfalz und liegt direkt am linken Rheinufer. Das Mittelzentrum mit Teilfunktion eines Oberzentrums liegt jeweils am Rand der Metropolregionen Rhein-Neckar und Rhein-Main. Aufgrund dieser Lage wird es gleichzeitig der Planungsregion Rheinhessen-Nahe und der Metropolregion Rhein-Neckar (in der die Planungsregion Rheinpfalz aufgegangen ist) zugeordnet.
Bekannt ist Worms als Nibelungen- und Lutherstadt als auch für seinen Dom, der neben dem Mainzer und dem Speyerer Dom einer der drei romanischen Kaiserdome ist. Worms (jiddisch ווירמייזא Wermajze), eine der drei SchUM-Städte, war überdies ein Zentrum aschkenasisch-jüdischer Kultur in Deutschland.
5000 vor bis 14 nach Christus
Auf der unscheinbaren Anhöhe Adlerberg am Rhein im Süden von Worms wurden von 1896 bis 1951 insgesamt 25 Gräber aus verschiedenen Zeiten entdeckt. Davon stammen nach heutiger Kenntnis acht Gräber von der Adlerbergkultur (etwa 2300/2200–1800 v. Chr.) aus der Frühbronzezeit. Um die Erforschung dieser Funde hat sich der Wormser Arzt Karl Koehl verdient gemacht, auf den der Begriff „Adlerbergkultur“ zurückgeht.
Wahrscheinlich entstand zu dieser Zeit ein römisches Kastell, das als militärischer Stützpunkt und Schutz für die aufstrebende Stadt diente. Die zugehörige Zivilsiedlung mit dem aus dem Keltischen stammenden Namen Borbetomagus wurde Hauptort der Civitas Vangionum und entwickelte städtische Strukturen.
Die von den Kelten gegründete Stadt wetteifert mit Augsburg, Trier und Kempten um den Titel der ältesten Stadt Deutschlands. Worms ist der deutsche Vertreter im Most Ancient European Towns Network (Arbeitskreis der ältesten Städte Europas).
2. bis 5. Jahrhundert
Die Geschichte von Worms ist eine Reise durch die Jahrhunderte, geprägt von Wandlungen, Eroberungen und kulturellen Veränderungen. Die Stadt, die einst von den Vangionen besiedelt wurde, durchlief zahlreiche Metamorphosen, bevor sie zur bedeutenden Stadtgemeinde wurde, die wir heute kennen.
In den ersten Jahrhunderten nach Christus trugen die Vangionen, ein germanisches, stark keltisiertes Volk, zum frühen Charakter von Worms bei. Caesar hatte die Vangionen besiegt und sie am linken Rheinufer im Gebiet der Treverer angesiedelt. Die Römer etablierten hier eine Siedlung mit dem Namen "Civitas Vangionum", die ab dem 2. Jahrhundert nach Christus offiziell diesen Namen trug. Diese römische Civitas umfasste ein ovales Gebiet von etwa 1300 Metern Länge und 600 Metern Breite und spiegelte den städtischen Charakter wider.
Die Bedeutung von Worms wuchs im Laufe der Zeit, doch die Stadt musste sich auch gegen zahlreiche Bedrohungen verteidigen. In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts, nach dem Fall des Limes, wurden die Alamannen rechtsrheinisch sesshaft und stellten eine neue Bedrohung dar.
Um sich gegen ihre Angriffe zu schützen, errichteten die Römer eine mächtige Mauer um Worms und stationierten eine Abteilung der Legio II Flavia als Besatzung.
Im 4. Jahrhundert erlangte Worms den Rechtscharakter eines Municipiums und wurde damit zu einer selbstständigen Stadtgemeinde. Dies war eine Zeit des Wandels und der Blüte für die Stadt, doch auch eine Zeit des Übergangs. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts bereits erste Spuren christlichen Lebens in Worms vorhanden waren. Es ist möglich, dass zu dieser Zeit bereits eine christliche Gemeinde existierte.
Das frühe 5. Jahrhundert brachte weitere Umbrüche. Im Jahr 413 entstand ein kurzlebiges Burgunderreich am Mittelrhein, dessen Sitz laut Heldensagen und literarischen Zeugnissen nach Worms verlegt wurde. Diese Phase war jedoch von kurzer Dauer. Um das Jahr 450 endete die römische Herrschaft über Worms, was eine bedeutende Zäsur in der Geschichte der Stadt darstellte.
In der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts und zu Beginn des 5. Jahrhunderts erlebte Worms eine Phase der Unsicherheit und des Wandels. Schließlich, im Jahr 496, wurden die Alamannen von den Franken in der Schlacht bei Zülpich besiegt und zogen sich an den Oberrhein zurück. Dies markierte den Beginn der fränkischen Besiedlung im südlichen Rheinhessen, wobei Worms zu einem zentralen Punkt in ihrem neuen Herrschaftsgebiet wurde.
Die Geschichte von Worms ist reich an Ereignissen und Wandel, jedes Kapitel fügt eine weitere Schicht zu der komplexen und faszinierenden Erzählung dieser alten Stadt hinzu. Von den frühen Siedlern über die römische Blütezeit bis hin zur fränkischen Eroberung hat Worms stets seine Bedeutung und seinen Charme bewahrt.
Im 6. Jahrhundert begann die Stadt Worms, die nun als “Warmatia” bekannt war, eine bedeutende Transformation. Einst eine römische Siedlung, entwickelte sich Worms zu einem wichtigen Zentrum sowohl religiöser als auch politischer Macht. Als Bischofssitz nahm die Stadt zahlreiche Veränderungen an, die ihre Rolle in der fränkischen Politik und im Handel am Rhein festigten.
In fränkischer Zeit setzt die gesicherte Wormser Bischofsliste mit Bischof Berchtulf ein, der 614 an der Pariser Synode teilnahm. Die frühen Bischöfe Amandus von Worms († 7. Jahrhundert) und Rupert von Salzburg († 718) zählen zu den Heiligen der römisch-katholischen Kirche. Amandus wurde Schutzpatron des Bistums und der Stadt Worms. Unter den Karolingern bildete Worms eines der Machtzentren, so dass seine Bischöfe im 8. und 9. Jahrhundert dem Königshof nahestanden.
Das Patrozinium des Doms, der den Heiligen Petrus und Paulus geweiht ist, wurde 628 erstmals bezeugt. Diese Weihe verdeutlichte die Bedeutung von Worms als religiöses Zentrum und unterstrich seine Stellung in der christlichen Welt des Mittelalters.
Im 7. Jahrhundert wurde der Name “Warmatia” für die Stadt belegt, die lateinische Form des deutschen Namens “Worms”. Dieser Name sollte in den kommenden Jahrhunderten die offizielle Bezeichnung bleiben und die Stadt auf Karten und in Urkunden kennzeichnen.
Das heutige Stadtteil Pfeddersheim wurde 754 erstmals urkundlich erwähnt. Eine Kirche “in Paterni villa” wurde genannt, was auf eine bereits etablierte christliche Gemeinde hinwies und die Ausdehnung des christlichen Glaubens in der Region zeigte.
In dieser Zeit wurden mehrere heutige Stadtteile von Worms im Lorscher Codex erstmals urkundlich erwähnt. Horchheim, Heppenheim an der Wiese, Ibersheim, Herrnsheim, Abenheim und Wiesoppenheim wurden dokumentiert, was die wachsende Bedeutung der Region und die Expansion der städtischen Grenzen zeigte.
Karl der Große heiratete in Worms. Worms ist schon vor mehr als 1200 Jahren für eine große Hochzeitsfeier im Jahr 783 ausgesucht worden. Der Bräutigam war der größte Herrscher der damaligen Zeit mit dem Herrschaftsgebiet, das wir heute Europa nennen. Was muss das für ein Fest in Worms gewesen sein?
Ein tragisches Ereignis traf Worms am 25. Dezember 790, als die kaiserliche Pfalz neben dem Dom während eines Aufenthaltes Karls des Großen niederbrannte. Diese Zerstörung war ein Zeugnis der unruhigen Zeiten und der Herausforderungen, denen sich die Stadt gegenübersah.
Weinsheim, südwestlich von Worms im Eisbachtal gelegen, wurde im 9. Jahrhundert als bischöflicher Besitz erwähnt. Dies zeigte die Erweiterung der kirchlichen Ländereien und den wachsenden Einfluss des Bistums.
Im Jahr 803 wurde Worms zum Zentrum der fränkischen Politik und ein bevorzugter Pfalzort. Dies markierte den Beginn einer neuen Ära, in der Worms als wichtiger politischer und strategischer Standort im Frankenreich fungierte.
Die Friesen, die im Fernhandel aktiv waren, wurden 829 in Worms erwähnt. Ihre Siedlung befand sich in der Nordostecke der Stadt, bekannt als “platea Frisonum”. Dieser Bereich lag vermutlich zwischen der Friesensperre und dem Rheintor, einem strategisch wichtigen Teil der Stadtmauer.
829 und 926 fanden Reichstage des Franken- bzw. Ostfrankenreiches in Worms statt. Zu dieser Zeit war Worms, das im 9. Jahrhundert noch eines der karolingischen Machtzentren gewesen war, durch die fränkische Reichsteilung schon in eine Randlage gerückt. Auf dem Hoftag zu Worms im Mai 961 ließ Otto der Große seinen siebenjährigen Sohn Otto II. zum Mitkönig erheben. Am 2. Februar 965 feierte Otto I. nach der Rückreise von Italien in Worms den Jahrestag seiner Kaiserkrönung und im August 966 regelte er in Worms die Vertretung für die Zeit seiner neuerlichen Abwesenheit. 976 erhielt Otto von Worms das neugeschaffene Herzogtum Kärnten zu Lehen, das vorher ein Teil Bayerns gewesen war.
Papst Gregor V., der in Worms aufgewachsen war und als erster deutscher Papst 996 mit gerade einmal 24 Jahren den Papstthron bestieg. Sein Grab befindet sich im Petersdom in Rom.
Auf der Grabplatte ist seine Herkunft aus Worms ausdrücklich vermerkt: „Dieser hier, der jetzt von der Erde verdeckt ist, war Gregor V., schön von Angesicht, zuvor wurde er Bruno genannt, aus königlichem fränkischem Geschlecht, der Sohn von Otto und von seiner Mutter Judith. Deutsch war seine Sprache, er wurde in der Stadt Worms erzogen, bevor er als junger Mann den Apostolischen Stuhl bestieg."
Bischof Samuel gründete 847 das Stift St. Cyriakus in Neuhausen, nordwestlich der Stadt, an der Stelle einer wohl schon merowingischen Kirche. Diese Gründung zeigte die fortwährende Bedeutung und Expansion der kirchlichen Institutionen in und um Worms.
Der Rheinhafen wurde 858 erstmals erwähnt und lag nahe dem Friesenviertel. Der Handel am Rhein wurde vermutlich von den Friesen dominiert, die später von den Juden abgelöst wurden.
Münze, Zoll, Königsmaß und andere königliche Einkünfte gingen 898 auf den Bischof über. Dies markierte einen wichtigen Schritt in der Autonomie und dem Einfluss der bischöflichen Macht in der Region.
In diesen bewegten Jahrhunderten entwickelte sich Worms von einer römischen Siedlung zu einem bedeutenden religiösen und politischen Zentrum des Frankenreiches. Die Stadt erlebte zahlreiche Herausforderungen und Veränderungen, blieb aber stets ein wichtiger Knotenpunkt für Handel und Politik am Rhein. Die reiche Geschichte von Worms, verwoben mit den Schicksalen der Völker und Herrscher, ist bis heute in den Mauern und Straßen der Stadt spürbar.
10. bis 11. Jahrhundert
Der Heilige Sand in Worms war der Friedhof der jüdischen Gemeinde Worms. Er gilt als ältester, unmittelbar am Ort, erhaltener jüdischer Friedhof in Europa. Die ältesten der etwa 2500 Grabsteine stammen aus dem 11. Jahrhundert.
1048 fand im Wormser Dom eine der einzigen beiden Papstwahlen auf deutschem Boden statt: gewählt wurde Bruno von Egisheim zum Papst Leo IX. Leo IX. wurde 1002 als Sohn des elsässischen Grafen Hugo IV. (Päpstliche Grabplatte kommt nach Worms)
Papst Gregor VII. für abgesetzt erklärte und dafür umgehend mit dem Kirchenbann belegt wurde – eine der Folgen dieser Ereignisse war dann der Gang nach Canossa
Die Stadt blühte auf. Neue Bürgerrechte wurden eingeführt, die den Bewohnern von Worms eine bisher ungeahnte Freiheit und Unabhängigkeit gewährten. Kaiser Heinrich V. bestätigte die Zollprivilegien und erließ das jährliche Wachtgeld, während er den Bürgern das freie Erbrecht gewährte, ein bedeutender Schritt zur Beseitigung der schwersten persönlichen Einschränkungen.
Worms wurde ein Zentrum des Handels und der Politik, wie das Wormser Konkordat von 1122 zeigte, das den jahrzehntelangen Streit um die Investitur der Bischöfe beendete.
Doch nicht alles war von Glück und Frieden geprägt. Immer wieder wüteten Brände in der Stadt, zerstörten Häuser und Hinterhöfe, Kaufläden und Gassen. Der verheerendste dieser Brände brach 1221 am Marktplatz aus und legte große Teile der Stadt in Schutt und Asche, nur um zehn Jahre später von einem weiteren Feuer fast vollständig wiederholt zu werden.
Am 23. Juli 1235 erreichte Worms einen Höhepunkt seiner Bedeutung, als Kaiser Friedrich II. und Isabella von England im prächtigen Dom zu Worms Hochzeit feierten. Es war ein Ereignis von solcher Pracht und Bedeutung, dass es die Augen ganz Europas auf die Stadt richtete. Die Feierlichkeiten waren ein lebendiges Zeugnis für den Rang und die Würde der Stadt, die sich als Zentrum von Politik, Kultur und Religion etabliert hatte.
König Heinrich (VII.): Der Turm "Luginsland" in Worms spielte eine zentrale Rolle im Schicksal von König Heinrich (VII.), dem Sohn Kaiser Friedrichs II. Nachdem Heinrich sich gegen seinen Vater aufgelehnt hatte, wurde er 1235 in Worms inhaftiert. Der Turm an der Stadtmauer, nahe dem heutigen Jüdischen Friedhof „Heiliger Sand“, diente als Gefängnis.
Während Heinrich im Luginsland-Turm gefangen war, feierte Friedrich wenige Meter entfernt eine prunkvolle Hochzeit mit Isabella von England, die ursprünglich Heinrichs Braut sein sollte. Diese Ereignisse machen die heutige Straße „Luginsland“ zu einem historischen Erinnerungsort.
Doch Worms stand auch vor Herausforderungen und Konflikten. In den Jahren nach der Kaiserhochzeit kam es zu Auseinandersetzungen mit Kaiser Friedrich II., die zur Zerstörung des ersten Rathauses führten. Trotz dieser Rückschläge bildete sich ein neuer Stadtrat, der den Stadtfrieden wiederherstellte und die politischen Strukturen festigte.
Die Gründung des Rheinischen Städtebundes im Jahr 1254 war ein weiterer Meilenstein. Worms spielte eine herausragende Rolle in diesem Bündnis, das geschaffen wurde, um Frieden und Sicherheit in der Region zu gewährleisten und gegen Friedensbrecher und Zollburgen vorzugehen.
Es ist Anfang des 14. Jahrhunderts, als in Worms und seiner Umgebung bedeutende politische und soziale Veränderungen stattfinden. Der formell von den Bischöfen eingesetzte Rat sieht sich aufgrund von Konflikten um die Ungelterhebung zunehmend herausgefordert. Aus den erstarkenden Zünften rekrutiert sich ein bürgerschaftliches Pendant, ein Sechzehner-Ausschuss, der nicht mehr aus den vier Pfarreien, sondern direkt aus den Zünften gewählt wird.
Johann von Dalberg war von 1482 bis 1503 Bischof von Worms und eine bedeutende Figur der deutschen Renaissance. Er förderte den Humanismus und war selbst ein Gelehrter, der enge Kontakte zu prominenten Intellektuellen wie Erasmus von Rotterdam pflegte. Unter seiner Leitung blühte das geistige und kulturelle Leben in Worms auf. Er baute die Bibliothek der Stadt auf und unterstützte den Ausbau der Universität Heidelberg.
Dalberg war politisch aktiv, engagierte sich in Reichsangelegenheiten und versuchte, die Kirche zu reformieren. Während seiner Amtszeit sah sich Worms jedoch auch mit den Spannungen des aufkommenden Bauernkriegs und religiöser Umbrüche konfrontiert, die die Region prägten. Seine Zeit war geprägt von einer dynamischen Wechselwirkung zwischen alten kirchlichen Strukturen und den aufkommenden neuen Ideen der Renaissance und frühen Reformation.
Wormser Reichstag von 1495: Kaiser Maximilian I: Der falsche Kaiser wurde 1995 auf dieser Briefmarke abgebildet. Die Sondermarke zu 100 Pfg. erschien anläßlich des 500. Jahrestages der Einberufung des Wormser Reichstages. Sei zeigt ein Porträt, die Tagungsstätte "Zur Münze" sowie die erste Seite des Libells zum Wormser Reichsgrundgesetz. Hier unterlief der Deutschen Bundespost jedoch ein fundamentaler Irrtum: Er wurde auf der Marke nicht Kaiser Maximilian abgebildet, der den Wormser Reichstag von 1495 einberufen hat, sondern dessen Vater, Kaiser Friedrich III., der bereits 1493 gestorben ist.
Kaiser Friedrich III:
Im Jahr 1495 findet in Worms der bedeutende Reichstag unter König Maximilian I. statt. Für die Dauer des Reichstags wird Worms faktisch zur Reichshauptstadt. Wichtige Reformgesetze werden verabschiedet, darunter der ewige Landfriede und die Einrichtung des Reichskammergerichts. Der "Gemeine Pfennig", eine Kopf- und Vermögenssteuer, wird eingeführt, um die Sicherheit und Verwaltung des Reichs zu gewährleisten.
Diese bewegten Jahre hinterlassen tiefe Spuren in der Stadtgeschichte von Worms. Die wirtschaftliche Blütezeit, gepaart mit sozialen und politischen Umwälzungen, formt das Stadtbild und die Lebensweise ihrer Bewohner nachhaltig. Das Erbe dieser Epoche ist bis heute in den Traditionen und dem Stadtbild von Worms spürbar.
1495 fand unter König Maximilian erneut ein Reichstag statt, auf dem die Reichssteuer, das Reichskammergericht und das Fehdeverbot des Ewigen Landfriedens eingeführt wurden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Stadt den Höhepunkt ihrer wirtschaftlichen Blüte schon überschritten. Der Bürgeraufstand 1512/13 und die Fehde mit Franz von Sickingen zwischen 1515 und 1519 zerrütteten die Finanzen der Stadt weiter. Faktisch war die Stadt zwar eine freie Reichsstadt, aber dem Bischof und der Geistlichkeit, die nach verschiedenen Schätzungen zwischen 30 und 50 % der Stadtbevölkerung ausmachten (wobei Gesinde und Dienstpersonal mitgezählt sind), war es in zähen Verhandlungen gelungen, derart viele Sonderrechte durchzusetzen, dass der Handlungsspielraum des Stadtrats eng begrenzt war. Außerdem war im Laufe des 15. Jahrhunderts der Einfluss der kurpfälzischen Rheingrafen auf die Stadt stark gestiegen. Zeitweise waren der Wormser und der Speyerer Bischofsstuhl von Brüdern des Pfalzgrafen besetzt.
Am 20. September 1502 wurde der blinde Ratsschreiber Reinhart Noltz durch eine Operation des Elsässer Arztes Meister Philipp geheilt und erhielt sein Augenlicht zurück. Nur ein Jahr später, im Jahr 1503, wurde die erste Apotheke in Worms erwähnt, als bei der Beerdigung des Bischofs Johann der Leichenwagen an der „apotecke zur langen Ketten“ vorbeizog.
1505 reisten Reinhart Noltz und der Stadtschreiber Adam von Schwechenheim nach Köln, um eine Urkunde von König Maximilian I. zu erhalten, die der Stadt das Recht verlieh, mit rotem Wachs zu siegeln und Silbermünzen zu prägen. In den folgenden Jahren festigte die Stadt ihre Reichsfreiheit durch neue Siegel und verwehrte dem Bischof das Recht, Bürgermeister und Ratsmitglieder einzusetzen.
Im Jahr 1514 geriet die Stadt in eine dreijährige Fehde mit der mittelrheinischen Ritterschaft unter Franz von Sickingen, die den Handel und die Versorgung der Stadt bedrohte. Doch es war das Jahr 1521, das Worms unvergessen machen sollte.
Nach Luthers Abreise am 26. April und der Verkündung des Wormser Edikts am 26. Mai, das Luther in die Reichsacht erklärte, wurden seine Schriften öffentlich verbrannt. Doch in Worms fanden seine Lehren schnell Anhänger. Bereits während des Reichstags stellten sich Geistliche wie Johannes Rom und Nikolaus Maurus auf Luthers Seite, und die Magnuskirche wurde zu einem Zentrum der evangelischen Bewegung. Worms wurde zu einem Zentrum und Experimentierfeld der Reformation.
1524 wurde hier erstmals eine deutsche evangelische Messe gedruckt. Die Jahre darauf waren geprägt von religiösen Konflikten und Umbrüchen.
Der Versuch des Wormser Stadtrats, in der Zeit des Bauernkriegs 1525 alle bischöflichen Privilegien zu beseitigen, scheiterte. Worms wurde aber evangelisch; der Bischof und die Geistlichen behielten ihre Sonderrechte und den Dom, römisch-katholische Gläubige konnten jedoch nicht Mitglied im Stadtrat werden. 1525 plünderten Bürger das Augustiner-Chorherrenstift Kirschgarten während der Bauernkriegsunruhen und entmachteten den Klerus. Die fürstliche Gegenpartei siegte in der Schlacht bei Pfeddersheim und zwang die Stadt, sich den alten Rechten zu beugen.
1526 veröffentlichte William Tyndale in Worms die erste englische Version des Neuen Testaments.
Bis 1527 hatte sich die lutherische Lehre in Worms durchgesetzt. Der Rat der Stadt berief den Theologen Leonhard Brunner als evangelischen Prädikanten und gründete eine lutherische Lateinschule im Barfüßerkloster. Auch in den folgenden Jahrzehnten blieb Worms ein bedeutendes Zentrum der Reformation, das die religiöse und kulturelle Landschaft Deutschlands nachhaltig prägte.
Stadtansicht Worms: Historische Ortsansicht. Im Stil der Zeit kolorierter Holzschnitt von Sebastian Münster, um 1580, Abmessung: 44 x 32 cm
Am 8. September 1601 wurde Worms in den frühen Morgenstunden von einem Erdbeben heimgesucht. Die Erde bebte so heftig, dass die Glocken von selbst zu läuten begannen, als ob sie die Stadt vor der drohenden Gefahr warnen wollten. Die Bürger erwachten in Schrecken und Furcht, viele flüchteten ins Freie, während die alten Mauern der Stadt unter dem Zittern der Erde stöhnten.
Im April 1615 brach ein tiefer sozialer und wirtschaftlicher Konflikt auf, als Spannungen zwischen den Zunftmeistern und dem regierenden Magistrat eskalierten.
Der Grund für die Unruhe lag auch in der Verschuldung der Handwerker bei den jüdischen Geldverleihern. Am Ostermontag des Jahres 1615 entlud sich die aufgestaute Wut in einem gewalttätigen Aufruhr. Die jüdische Gemeinde wurde über den Rhein vertrieben, ihre Häuser geplündert und zerstört. Die Synagoge wurde teilweise abgerissen, Grabsteine auf dem Friedhof umgestürzt und zerschlagen.
Am 16. Mai 1632 machten die verheerenden schwedischen Truppen unter Oberst Haubold nicht halt vor den heiligen Stätten der Stadt. Das Karmeliterkloster mitsamt der Kirche und der St. Annakapelle wurde dem Erdboden gleichgemacht. Die Karmeliter verließen daraufhin Worms und kehrten erst 1657 zurück, als Bischof Hugo Eberhard sie wieder in die Stadt aufnahm und ihnen die Stephanskirche zum Gebrauch überließ.
Im Jahr 1635 war die Rückkehr der kaiserlichen Garnison nach Worms ein Lichtblick inmitten der Dunkelheit des Krieges. Die schwedische Besatzung zog ab. Doch die Stadt war gezeichnet, ihre Bürger erschöpft und verarmt.
Die Pestepidemie, die in den Jahren 1666/67 über Worms hinwegfegte, forderte über 1000 Menschenleben. Fünf Mitglieder des regierenden Dreizehnerrates und mehrere lutherische Pfarrer fielen der Seuche zum Opfer. Die Bevölkerung schrumpfte dramatisch, und die Straßen der Stadt waren gespenstisch leer.
Die Ankunft der französischen Truppen 1688 läutete eine neue und schreckliche Phase ein. Die Juden erlangten gegen Geldzahlung einen Schutzbrief von Marschall Duras, der sie vor Übergriffen der Soldaten bewahren sollte. Doch als sie das kaiserliche Wappen am Judentor gegen das französische Königswappen austauschten, warf ihnen der Dreizehnerrat später Verrat vor.
In den Ruinen der einst so stolzen Stadt lebten nur noch etwa 1000 Menschen. Der Schaden wurde auf über 3 Millionen Reichsthaler geschätzt, eine unvorstellbare Summe. Doch trotz des enormen Leids und der Zerstörung gab es Hoffnung: Pläne für den Wiederaufbau wurden geschmiedet. Johann Friedrich Seidenbender verfasste Vorschläge für die Wiederaufrichtung der Stadt und legte den Grundstein für die Erneuerung von Worms.
Ein kleiner, aber bedeutender Schritt zur Wiederherstellung der Gemeinschaft war der Vertrag, der den Juden die Rückkehr in die Judengasse und den Wiederaufbau ihrer zerstörten Synagoge erlaubte. Die Leibeigenschaft wurde aufgehoben, und sie durften sich nun “Schutzverwandte” oder “Hintersassen” nennen. Diese Geste der Versöhnung und Anerkennung legte den Grundstein für eine neue Ära der Koexistenz und des Wiederaufbaus in Worms.
Die Geschichte von Worms im 17. Jahrhundert ist eine Geschichte des Überlebens und der Widerstandskraft. Trotz der schweren Prüfungen blieben die Bewohner der Stadt entschlossen, ihre Heimat wiederaufzubauen und die Narben der Vergangenheit zu heilen.
Goethe und Schiller machen sich auf den Weg nach Worms. Die Stadt ist geprägt von den markanten Ereignissen des späten 18. Jahrhunderts, darunter die Einweihung der Dreifaltigkeitskirche und der Friedrichskirche sowie die Gründung der Stiftung Hospital Neuhausen und der Weinhandlung Valckenberg. Die militärischen Aktivitäten jedoch sorgen für ständige Unruhe, da englische, preußische und französische Truppen die Stadt durchziehen.
Gegen Ende des Jahrhunderts wird Worms ein Teil der französischen Republik.
Im Jahr 1700 wird an der Stelle der heutigen Friedrichskirche eine provisorische Holzkirche für die reformierte Gemeinde eingeweiht. Drei Jahre später, 1703, werden aufgrund der kriegerischen Ereignisse die wertvollsten Archivalien des städtischen Archivs nach Frankfurt ausgelagert. Am 18. Juli 1708 erscheint das „Wormsisch Evangelisch-Lutherische Gesangbuch“ in seiner ersten Ausgabe.
Ein Jahr später, am 31. Juli 1709, vollzieht der regierende Stättmeister Johann Franz Knode die Grundsteinlegung für die Dreifaltigkeitskirche. Interessanterweise wird der Grundstein nicht wie üblich unter dem Altar, sondern in der Tiefe des Turms niedergelegt, und die Gedenkmünze verweist auf den markanten Ort „So setzt mich Gott nun an den Ort, wo Luther einst bekannt sein Wort“.
1710 baut Maximilian von Welsch für den Domherren Wambold von Umstadt den „Wambolder Hof“ in der Kämmererstraße, der heute der einzige erhaltene barocke Domherrenhof in Worms ist.
Zwei Jahre später, 1712, bittet die Küfer- und Bierbrauerzunft um Erlaubnis, den Küfer- oder Reifentanz, ein traditionelles Fest, wieder aufzuführen. Der Stättmeister Georg Wilhelm Benedikt erhält 1713 das Braurecht und gründet die Brauerei „Zu den Zwölf Aposteln“. Er zeichnet sich auch in den Türkenkriegen aus, wie sein Grabstein im Museum zeigt.
Am 6. September 1718 veranstaltet der Rat ein Dankfest für den Sieg des Prinzen Eugen über die Türken und die Eroberung Belgrads. 1719 beginnt Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg mit dem Neubau des fürstbischöflichen Residenzschlosses und der Wiederherstellung des Doms, wo er den Hochaltar von Balthasar Neumann stiftet. Sein Denkmal befindet sich im Westchor des Wormser Doms.
1721 wird Johann Nikolaus Götz in Worms geboren. Der Dichter, der unter dem Namen „Anonymus“ zahlreiche lyrische Werke veröffentlicht, zeigt eine besondere Verbundenheit mit seiner Heimatstadt.
1724, am 21. Dezember, hält die Wormser Fischerzunft ihre erste Versammlung in ihrem wiederaufgebauten Zunfthaus ab.
1726 wird der Grundstein für das Gymnasialgebäude am Marktplatz gelegt, das am 12. Dezember 1729 eingeweiht wird. Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg gründet 1729/30 das Hospital Neuhausen und stattet es großzügig aus, doch aufgrund von Streitigkeiten verzögert sich die Eröffnung der Einrichtung für Waisenkinder bis 1749.
1733 wird bekannt, dass die Geschichte des Bistums Worms, verfasst von Johann Friedrich Schannat, in Druck geht.
1739, am 26. April, weilt der Barockbaumeister Balthasar Neumann in Worms für den Neubau des Bischofshofes. Am 25. Juli werden im „Weißen Löwen“ Glocken für die Dreifaltigkeitskirche gegossen.
Am 9. Juni 1744 wird die reformierte Friedrichskirche von Hof- und Kirchenrat Mentzel im Namen des preußischen Königs Friedrich II. eingeweiht.
Karl Theodor von Dalberg wird 1744 geboren und steigt in den politischen Wirren der Napoleon-Zeit zu hohen Würden auf. 1754 beschließt das Wormser Domkapitel die Anschaffung eines neuen Chorgestühls. Während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) wird Worms stark durch Einquartierungen und Kontributionszahlungen belastet. 1759 wird ein Militärhospital für französische Kranke und Verwundete errichtet.
Am 18. März 1762 gewährt Kaiser Franz der verschuldeten Stadt Worms einen Zahlungsaufschub. Im November 1762 ziehen 20.000 französische Soldaten durch Worms. 1772 wird der Grundstein für das Bürgerhospital gelegt, das zwei Jahre später fertiggestellt wird.
Es war der Sommer 1763, als die Familie Mozart, auf dem Weg von Schwetzingen über Mannheim nach Mainz, in Worms Halt machte. Sie übernachteten im Gasthaus “Schwan” und speisten beim Domherrn Carl Friedrich Damian von Dalberg. Leopold Mozart, der Vater, schrieb am 3. August nach Salzburg: “Worms ist ein altväterischer und durch die alten Franzosen-Kriege sehr verdorbener Ort. Aber wegen der alten Begebenheiten ist der Dom und insbesondere die lutherische Kirche bemerkenswert, wo Luther vor dem Consilio erschienen ist.”
Fünfzehn Jahre später, vom 29. Januar bis 2. Februar 1778, wohnte Mozart im Dekanatshaus von St. Paul in Worms. Er schrieb an seine Mutter: “In Worms, da waren wir lustig.” Mozart hatte ein Konzertengagement bei der Prinzessin von Oranien in Kirchheimbolanden erhalten und nutzte diese Gelegenheit, um sich mit der Sängerin Aloysia Weber zu treffen. Ihr Onkel, Joseph Clemens Benedikt Stamm, war Dekan in Worms. Später sollte Mozart Aloysias Schwester Constanze heiraten.
Die erste Wormser Zeitung, das „Reichsstadt Wormsisch privilegirtes Intelligenzblatt“, erscheint am 4. Januar 1776.
1778 wird ein Brunnen am Straßenmarkt errichtet, der wegen seiner Nähe zum Rathaus mit einer Justitiafigur gekrönt ist.
Am 6. November 1782 trifft Friedrich Schiller in Worms ein. Friedrich Schiller besuchte Worms zusammen mit Johann Wolfgang von Goethe. Schiller selbst hat jedoch keine spezifischen Werke oder Schriften über Worms hinterlassen.
1786 gründet Peter Joseph Valckenberg die Weinhandlung Valckenberg, die später auch Liebfrauenmilchweingärten pachtet.
1791 stellt Bischof Friedrich Karl Joseph von Erthal dem aus Frankreich geflüchteten Prinz Condé den Wormser Bischofshof zur Verfügung.
Von 1792 bis 1814 gehörte Worms zur Ersten Französischen Republik. Im Jahr 1792 übernehmen die Sansculotten die Kontrolle über die Stadt, und ein Jakobinerclub wird gegründet. Die Stadt wird Teil der französischen Republik. Am 5. Oktober 1792 kann Worms lediglich einen Teil der festgesetzten Kontribution zahlen, was zur Geiselnahme von Rat und Klerus führt.
1793 fliehen die Geistlichen vor dem Eid auf die französische Verfassung, und am 30. März ziehen preußische Truppen in die Stadt ein. Doch am 7. Januar 1794 kehren die Franzosen zurück und plündern die Stadt. Der fürstbischöfliche Palast, erbaut nach den Plänen Balthasar Neumanns, brennt am 12. Januar 1794 infolge Brandstiftung aus.
1795 muss der provisorische Maire Daniel Friedrich Kremer im November sein Amt aufgeben, als kaiserliche Truppen die Stadt erneut besetzen. Am 22. März 1796 wird ein Freiheitsbaum auf dem Marktplatz aufgestellt. Der letzte Wormser Weihbischof, Stephan Alexander Würdtwein, stirbt am 11. April 1796 im Exil in Ladenburg.
1797 wird Worms durch den Frieden von Campo Formio völkerrechtlich Teil der französischen Republik. Die Stadt wird Teil des Arrondissements Speyer im Departement Donnersberg. Ab Januar 1798 geht die Amtsgewalt vom Magistrat auf die provisorische Munizipalität unter Maire Daniel Friedrich Kremer über. In diesem Jahr werden sowohl in Worms als auch in Pfeddersheim Friedensgerichte eingerichtet.
Am 24. August 1799 wird im Rathaus die erste Ehe eines jüdischen Brautpaares nach der Zugehörigkeit zu Frankreich geschlossen und im Zivilstandsregister eingetragen.
Im 19. Jahrhundert, einer Zeit großer Veränderungen, erlebte die Stadt Worms eine Reihe bedeutender Ereignisse. Die ehemals freie Stadt, die von Kriegen und Zerstörungen gezeichnet war, wurde hessisch. Mit der Industrialisierung kamen zahlreiche Fabriken, die Eisenbahn, Gaslampen und eine Wasserversorgung. Die Enthüllung des Lutherdenkmals fand weltweite Beachtung. Gegen Ende des Jahrhunderts besuchte das russische Zarenpaar die Stadt.
Zwischen 1803 und 1810 gingen im Rahmen der Nationalgüterversteigerungen sowohl Gebäude als auch landwirtschaftlich genutzte Flächen aus Kirchenbesitz in Privathand über. Auch die Zunfthäuser wurden versteigert. Am 18. April 1805 erhielt der Wormser Bürger Cornelius Heyl für das bischöfliche Schloss samt Hofkellerei, Hof und Garten den Zuschlag.
Im Jahr 1805 wurde der Holzhändler Johann Jakob Pistorius zum ersten Maire reformierter Konfession ernannt. Zwei Jahre später, am 26. Januar 1807, wurde auf Veranlassung der Katholischen Pfarrkirche im Gasthaus zum Hirsch die St. Johanniskirche zum Abriss versteigert. Den Zuschlag erhielten der Architekt Georg Philipp Blattner und der Maurer Georg Bernard Betrand.
Von 1808 bis 1824 ließ Emmerich Joseph von Dalberg das Schloss zu Herrnsheim in zwei Phasen unter der Leitung des Mannheimer Architekten Jakob Friedrich Dyckerhoff wiederaufbauen. Im Jahr 1810 wurde Emmerich Joseph von Dalberg von Kaiser Napoléon I. zum Duc erhoben. Als Badischer Gesandter in Paris trat er in die Dienste Napoléons.
1815 unterzeichnete er die Achterklärung gegen den von Elba zurückgekehrten Kaiser. Der Höhepunkt seiner politischen Laufbahn war die Teilnahme am Wiener Kongress. Zusammen mit Talleyrand war er Hauptfinanzier der Banque Paravey, deren Bankrott im Jahr 1827 ihn einen Teil seines Vermögens kostete.
Im Jahr 1813 wurde der Weinhändler Peter Joseph Valckenberg zum Bürgermeister ernannt. Er hatte dieses Amt über 25 Jahre bis zu seinem Tod 1837 inne und leitete die Geschicke der Stadt unter französischer, bayerisch-österreichischer und hessischer Oberhoheit. Im selben Jahr ließ angeblich Marschall Marmont den Kreuzgang auf der Südwestseite des Domes niederbrennen, nachdem in dem von den französischen Truppen als Lazarett genutzten Gebäude unter den Kranken Typhus ausgebrochen war.
Im Juli 1816, nach einer Übergangszeit unter der “Gemeinsamen österreichisch-baierischen Landesadministrationskommission” (zeitweise mit Sitz in Worms), kam die Stadt gemäß den Beschlüssen des Wiener Kongresses mit dem Besitzergreifungspatent Großherzog Ludwigs I. mit dem linksrheinischen Gebiet um Alzey, Bingen, Mainz (ab 1818 “Rheinhessen”) an das Großherzogtum Hessen. Somit wurde die ehemalige Freie Stadt Worms eine hessische Stadt. Die fortschrittlichen Errungenschaften aus der französischen Zeit wie Gerichtsorganisation, Code Napoléon und Zivilstandsregister wurden beibehalten.
Am 10. Februar 1817 starb in Regensburg Karl Theodor von Dalberg, der letzte Kurfürst und Erzbischof von Mainz, auch der letzte Bischof von Worms und Konstanz, ehemals Fürstprimas des Rheinbundes, Großherzog von Frankfurt und resignierter Erzbischof von Regensburg.
Am 14. April 1821 wurde der Hochaltar, die Nebenaltäre und die Kanzel aus der zum Abbruch bestimmten Kirche des Frauenklosters Maria Münster in die St. Martinskirche gebracht und dort aufgestellt. Ein paar Monate später, am 30. Juni, trat die hessische Gemeindeordnung in Kraft und löste das bis dahin bestehende Gemeinderecht ab.
Zwei Jahre später, am 15. Dezember 1824, wurde die Wormser Volksschule als simultane “Kommunalschule” in dem Gebäude, das vorher durch das Gymnasium genutzt worden war, eröffnet. Bei der Einrichtung der Kommunalschule wirkten Bürgermeister Valckenberg, die evangelischen Geistlichen Kirchenrat Graf und Pfarrer Rödinger sowie die katholischen Pfarrer Boll und Geb mit.
Im März 1830 erteilte die großherzogliche Regierung in Darmstadt die Genehmigung, den Ostflügel des gotischen Domkreuzganges niederzulegen. Zwei Jahre später, am 29. Mai 1832, zogen Hambacher Festteilnehmer in großen Scharen durch die Stadt. Es kam zu Unruhen, in deren Verlauf Läden gestürmt und Juden misshandelt wurden. In den folgenden Wochen wurden zahlreiche Verhaftungen und Verurteilungen vorgenommen, die Abhaltung des traditionellen Pfingstmarktes verboten. Das Wormser Gymnasium erhielt das Recht zur Abhaltung von Reifeprüfungen.
Am 6. Juli 1838 beschloss der Gemeinderat die Gründung einer städtischen Sparkasse. Am 13. August wurde die Verwaltungskommission gewählt und am 15. Oktober die Geschäftsordnung vom großherzoglichen Kreisrat genehmigt. Am 5. Dezember wurde der Betrieb in einem Geschäftszimmer, eingerichtet im alten Rathaus, aufgenommen.
Im Jahr 1839 gründeten Johann Cornelius III. Heyl zusammen mit seinem Schwager Johann K. Martenstein eine Fabrik zur Herstellung von lackiertem Kalbsleder, die späteren Heyl’schen Lederwerke. Vorläuferin war die 1834 gegründete Saffianledermanufaktur Heyl & Martenstein. Die Fabrik befand sich im Süden der Stadt auf dem Gelände des vormaligen Klosters Nonnen- bzw. Mariamünster.
Friedrich Gernsheim, Dirigent, Pianist, Komponist, wurde im Jahr 1839 geboren. Er stammte aus einer alteingesessenen jüdischen Familie. Seine musikalische Ausbildung genoss er in Frankfurt und Leipzig. Als Musiker wirkte er in Köln, Rotterdam und Berlin. Sein umfangreiches Gesamtwerk enthält vier Sinfonien, Solokonzerte, Chorwerke, Lieder und Kammermusik.
Im Jahr 1840 entstand die Lederlackierfabrik Doerr & Reinhart und knüpfte an die handwerkliche Tradition der Gerber in Worms an. Im Spätjahr desselben Jahres, nach Schließung der zumeist bei den Kirchen gelegenen Friedhöfe, wurde der für alle Konfessionen gemeinsame neue Friedhof am Rande des Liebenauer Feldes (heute Albert-Schulte-Park) eingerichtet. Am 24. November erließ der Kreisrat eine neue Begräbnisordnung.
Im Jahr 1841 wurde in das barocke Palais von Prittwitz, ein um 1720 entstandenes Wohnhaus, die Adler-Apotheke verlegt. Im Jahr 1842 erteilte Großherzog Ludwig II. auf Ersuchen der Stadt und des Wormser Handelsstandes die Genehmigung zur Einrichtung einer Handelskammer.
Am 14. August 1843 wurde im Saal des Stadthauses die auf dem Pauluskirchhof stehende St. Rupertuskapelle zum Abbruch versteigert.
Im Jahr 1844 wurde Generalleutnant Maximilian von Heyl geboren. Er wurde Mäzen des Museums und der Lutherbibliothek sowie längjähriger Vorsitzender des Altertumsvereins. Mit seiner Gattin Doris geb. Stein erneuerte er das Andreasstift. Zuletzt stiftete er seine Privatbibliothek der Stadtbibliothek Worms.
Auf Wunsch des Erbherzogs Ludwig III. wurde im Jahr 1844 ein neuer Paradeplatz, der heutige Ludwigsplatz, entlang der Martinskirche angelegt. Gegenüber lagen die Repräsentationsbauten Wessenberghof und Wambolderhof.
Von 1844 bis 1845 veranlasste Maria Louise Leveson, verwitwete Acton, Tochter von Emmerich Joseph von Dalberg, durch den Mainzer Architekten Ignaz Opfermann den Umbau des Herrnsheimer Schlosses in den Formen des Empire-Stils.
Am 12. Mai 1845 traten Wormser Bürger zu einer ”Katholischen Kirchen-Gemeinschaft im Sinne und Geiste der ursprünglichen christlichen Kirche” zusammen (Deutschkatholiken). Im Jahr 1845 gab es in Worms drei Fabriken, die Lederlackierfabrik Heyl mit ca. 220 Arbeitern, die Lederlackierfabrik Doerr & Reinhart mit 60 Arbeitern und die Cichorienfabrik J.V. Jungbluth mit 10 Arbeitern.
Im Jahr 1846 wurde die ”Turngemeinde” gegründet. Neben dem Turngedanken vertrat sie auch fortschrittliche politische Ansichten und engagierte sich in der Bürgerwehr. Nach dem Scheitern der Revolution 1848/49 wurde sie für einige Jahre verboten.
Am 25. Oktober 1847 beendete die obere Schulbehörde die Differenzen, die 1846 durch das Ansinnen des Gymnasialdirektors Dr. Wiegand entstanden, unterschiedlichen Geschichtsunterricht für evangelische und katholische Schüler einzuführen. Der gemeinsame Unterricht wurde fortgeführt.
Im März 1848, als die politischen Spannungen in ganz Europa hochkochten, versammelte sich in Worms ein Bürgerkomitee. Sie überbrachten dem Abgeordneten der Stadt in der Zweiten Kammer, einem Alzeyer Advokatsanwalt namens Lehne, der der liberalen Opposition angehörte, eine Liste mit Forderungen. Darunter war das Recht auf Versammlungs- und Pressefreiheit. Innerhalb weniger Tage wurden diese Forderungen erfüllt, ein Zeichen dafür, wie stark der Druck für Veränderung war.
Am 10. März desselben Jahres institutionalisierte sich das Wormser Bürgerkomitee. Nach einer Vollversammlung am 2. April standen sich zwei politische Gruppen gegenüber. Auf der einen Seite stand der “Demokratenverein”, angeführt von Ferdinand Eberstadt, dem Arzt Dr. von Löhr, dem Gutsbesitzer und Weinhändler Philipp Bandel sowie dem Weinhändler Ludwig Blenker. Auf der anderen Seite stand der zahlenmäßig kleinere demokratisch-monarchische Verein, der “Bürgerverein”, dem hauptsächlich Kaufleute und Beamte angehörten, mit dem Gymnasiallehrer Dr. Friedrich Eich als treibende Kraft.
Am 22. März besuchten Großherzog Ludwig III. und seine Frau Worms. Die Wormser Bürger geleiteten die Gäste, die mit dem Dampfboot kamen, vom Rhein zum Lindenplatz. Beim Anlanden wurde durch Kanonenschuss das Signal für 101 Kanonenschüsse und Glockengeläut gegeben. Nachmittags um 4 Uhr bildeten die Bürger vom Lindenplatz aus wieder Spaliere zum Rhein, es folgten erneut 101 Kanonenschüsse und Glockengeläut.
Im Jahr 1849 rückte Ludwig Blenker, Obrist der Bürgerwehr, mit etwa 200 Mann aus Worms aus, um am badischen Aufstand teilzunehmen. Nach der Eroberung von Ludwigshafen scheiterte er vor Landau. Er flüchtete nach Nordamerika, wo er beim Sezessionskrieg 1861 ein deutsches Jägerregiment auf Seiten der Nordstaaten bildete. Als General mit der politischen Führung uneins, zog sich der ”Haudegen” krank zurück und starb kurze Zeit später. Von seiner Ausbildung her war er Goldarbeiter. Er folgte König Otto nach Griechenland und erhielt sein Offizierspatent. Um 1840 war er als Weinhändler in Worms tätig.
Um das Jahr 1850 hatte sich die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch vorwiegend landwirtschaftlich ausgerichtete Stadt gewandelt.
Felix Langenbach brachte die ”schwarze” Kunst, aus Steinkohlen Gas zu machen, von England in seine Heimatstadt. Er errichtete eine Gasfabrik im Hof Ecke Friedrichstraße und Sterngasse. Die Gasometer der Besitzer von Gasbeleuchtungen wurden mit mobilen Gaswagen beliefert.
Am 14. Mai 1850 wurde Rheinhessen in zwei Regierungsbezirke eingeteilt. Der Regierungsbezirk Worms umfasste die Friedensgerichtsbezirke Alzey, Osthofen, Pfeddersheim, Wöllstein und Worms. Ein Jahr später lud der Gemeinderat 77 Bürger zu einer Diskussion über den Standort für den Bau des Bahnhofs ein. Man sprach sich mehrheitlich für den Bau auf dem Rheintorwoog wegen der Nähe zur Stadt aus. Ein Jahr später gab man den Forderungen der Hessischen Ludwigsbahn nach dem Standort beim Liebenauer Feld nach.
Am 1. September 1852 wurde die Weingroßhandlung Langenbach & Co gegründet. Im Jahr 1853 wurde die Linie Mainz-Worms der hessischen Ludwigsbahn eröffnet. Sie wurde mit der bayerischen Ludwigsbahn zur durchgehenden Strecke Mainz-Worms-Ludwigshafen. Bahnhof - Rosengarten
Ludwig Edinger, Neurologe, wurde 1855 als Sohn des liberalen Kleiderfabrikanten und Stadtverordneten Marcus Edinger geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er in Heidelberg und Straßburg. 1883 ließ er sich in Frankfurt/M. als Arzt und Neurologe nieder. Er arbeitete mit Prof. Carl Weigert in den Senckenbergischen Instituten zusammen, wurde 1896 Professor. Er begründete das Neurologische Institut, das seit 1914 zur Universität Frankfurt gehört (heute Edinger-Institut).
Am 14. Juni 1855 weihte Großherzog Ludwig III. die Wormser Schiffsbrücke zwischen Worms und dem Rosengarten ein. Deren Errichtung geht auf den unermüdlichen Einsatz des Wormser Gemeinderatsmitglieds und Mitglieds in der II. Hessischen Kammer, Gymnasiallehrer Dr. Johann Friedrich Eich, zurück.
Die Wollgarnspinnerei Worms am Rhein übernahm 1856 die um 1850 entstandene Kunstwollfabrik Gustav Schoen & Co., angesiedelt in der Mainzer Vorstadt im Norden. Am 10. Mai 1856 leitete Bürgermeister Franz Euler zum letzten Mal eine Sitzung des Wormser Stadtrates, ehe er sein Amt seinem Nachfolger, dem Bürgermeister Adam Joseph Betz, übergab.
Im Jahr 1857 gab es in Worms elf Fabriken, die jeweils mindestens zwanzig Arbeiter/innen, insgesamt 2098, beschäftigten. Neben den Lederfabriken und der Wollgarnspinnerei Worms AG fanden sich die Tabakfabrik Leonhard Heyl & Comp. (188 Arbeiter), mehrere Cigarrenfabriken (M. Mannheimer, van der Leeuw & Comp., Abenheimer & Jaberg, J.G. Mayer), die Cichorienfabrik J.V. Jungbluth und die Maschinenfabrik Gebr. Kaibel. Die Lederfabriken exportierten ihre Waren Ende der 50iger Jahre vorwiegend ins Ausland bis nach Ostindien, Russland und Amerika. Ähnliches war für die Wollgarnspinnerei zu beobachten.
Markus Levy gründete 1858 Ecke Kämmererstraße und damaligem Paradeplatz (Ludwigsplatz) die erste Wormser Privatbank. Am 9. Mai 1859 eröffneten Englische Fräulein aus der Mainzer Kongregation eine Privatmädchenschule auf dem Fruchtmarkt (Weckerlingplatz) mit 60 Schülerinnen aus katholischen Wormser Familien. 1866 zogen sie in ein Gebäude auf dem Domkeller (Schlossgasse 6).
Im Januar 1860 wurden zum ersten Mal die Straßen der Stadt durch Gaslampen beleuchtet. Am 8. Januar wurde beim Ball des Sängerbundes der Kasinosaal durch Gaslampen erhellt, deren Licht durch einen dreifachen Tusch der Kapelle begrüßt wurde.
Die Nibelungenbahn aus Bensheim und die Riedbahn aus Darmstadt endeten auf der rechten Rheinseite im Bahnhof Rosengarten, gegenüber der Stadt Worms, da eine Rheinbrücke noch nicht vorhanden war. Eine Schiffsbrücke verband den Bahnhof Rosengarten mit der Stadt Worms sowie dem Hafenbahnhof auf der gegenüberliegenden Rheinseite.
Am 25. Juni 1868 wird das Lutherdenkmal, das weltweit größte Reformationsdenkmal, eingeweiht. Das Denkmal wurde von Ernst Rietschel und seinen Schülern Donndorf, Schilling und Kietz gestaltet. Initiator war der Lutherverein, der Spenden aus aller Welt gesammelt hat. Die weltweit beachtete Denkmalsenthüllung in Anwesenheit des Königs von Preußen sowie zahlreicher deutscher Fürsten wird von fast 100.000 Festbesuchern verfolgt. Anlässlich der Enthüllung werden preußische Orden an Dekan Eduard Franz Keim, Präsident des Lutherdenkmal-Vereins, Gymnasiallehrer Dr. Friedrich Johann Eich, Vizepräsident, und Sekretär Edelmann verliehen. Dekan Keim und Gymnasiallehrer Eich werden zu Ehrenbürgern ernannt.
Am 31. Oktober 1870 wird der Lutherbaum in Pfiffligheim westlich von Worms durch einen Sturm seiner Krone beraubt.
Im Zuge der 1874 im Großherzogtum Hessen nach preußischem Vorbild vorgenommenen Reform der Kreisverfassung kam es auch zu einer neuen Kreiseinteilung. Die damals geschaffene Gliederung der Provinz Rheinhessen in fünf Kreise (Alzey, Bingen, Mainz, Worms, Oppenheim) hatte mehr als sechs Jahrzehnte Bestand.
Im Jahr 1874 wird eine Straßenunterführung nach Neuhausen, der ”Neuhauser Tunnel”, gebaut.
Am 13. Juni desselben Jahres tritt die neue Städteordnung für das Großherzogtum Hessen in Kraft. Erster hauptamtlicher Bürgermeister wird der Jurist Friedrich Heimburg. Am 21. Oktober desselben Jahres wird die städtische höhere Mädchenschule, die heutige Eleonorenschule, eröffnet.
Die erste Litfaßsäule in Worms wurde am 25. November 1875 auf dem damaligen "Ludwigsplatz" aufgestellt. Der Platz liegt im Zentrum der Stadt und war schon damals ein belebter Ort, was ihn zu einem idealen Standort für die Aufstellung der Litfaßsäule machte, um öffentliche Bekanntmachungen und Werbung zu verbreiten.
Im Jahr 1875 wird die Levy’sche Synagoge, umgestaltet aus einem Getreidemagazin (Judengasse 29), fertig gestellt. Der vermögende Getreidehändler Leopold Levy hat sie nach Vorschlägen und Plänen des Maurermeisters Johann David Strauß auf eigene Kosten errichten lassen, um diese Synagoge für strengere, konservative Gottesdienstformen zur Verfügung zu stellen.
Am 3. Januar 1876 wird das neue Volksschulgebäude seiner Bestimmung übergeben. In dem Schulgebäude an der Neuen Schulstraße (Karmeliterstraße) werden alle Klassen bis auf die fünf unteren, im alten Schulgebäude verbleiben, vereinigt. Der Keller des neuen Schulbaus wird an die Weinfirma Langenbach vermietet.
Im Jahr 1877 kauft die Reichspostverwaltung für 85.000 Mark den sogenannten Wessenberger Hof (Kämmererstraße 50) von dem Fabrikbesitzer N. A. Reinhart. Zwei Jahre später wird das Gebäude abgerissen und durch einen Neubau für die Post ersetzt.
Am 14. Juli 1879 wird Bürgermeister Friedrich Heimburg in Worrets Lokal in der Carmeliterstraße (Wilhelm-Leuschner-Straße) zum 1. Vorsitzenden des neu gegründeten Altertumsvereins gewählt. Zweck der Vereinsgründung ist die ”Erforschung der Geschichte der Stadt Worms und ihrer Umgebung und Sammlung und Erhaltung der hierauf bezüglichen Schriften, Drucksachen und Alterthümer”. 1886 zählt der Verein 617 Mitglieder.
Im selben Jahr, 1879, wird im Zuge einer Neuordnung des Gerichtswesens Worms Sitz eines Amtsgerichts mit zwei Amtsrichtern und einer Amtsanwaltschaft und bezieht zum 1. Oktober 1979 das frei gewordene Schulgebäude des Gymnasiums neben dem Pfandhaus in der Wollstraße.
In fabrikmäßig betriebenen Produktionsstätten sind 2967 Arbeitskräfte beschäftigt. Die Branchen umfassen 6 Lederfabriken und Gerbereien, 5 fabrikmäßig betriebene Bierbrauereien, je 3 Degrasfabriken, Maschinenfabriken und Malzfabriken, 2 Dampfmühlen, 2 Knochenpräparatfabriken, je 1 Kammgarnspinnerei, Kunstwollfabrik, Zigarrenfabrik, Wasserglas- und Seifenfabrik, Kaffeesurrogatfabrik, Oelfabrik, Patronenhülsenfabrik und Nudelfabrik.
Am 14. April 1880 wird das Gymnasialgebäude offiziell mit Schlusssteinlegung und Einweihung seiner Bestimmung übergeben. Dr. Adalbert Becker, Gymnasialdirektor, verfasst aus diesem Anlass eine Schulgeschichte.
Im Jahr 1881 beginnt der Basler Privatdozent für Geschichte Prof. Dr. Heinrich Boos mit der Ordnung und Verzeichnung der Bestände des Wormser Stadtarchivs, finanziert durch den Lederindustriellen und nationalliberalen.
Im Jahr 1884 erhält Nicolaus Reuß, Pfarrer an St. Martin, die Ehrenbürgerrechte für seine Verdienste um die Rettung der Liebfrauenkirche, die einzustürzen drohte.
Im selben Jahr wird das schlossähnliche Palais Heylshof, das im Auftrag von Commerzienrat C.W. (v.) Heyl nach Plänen des Schweizer Architekten Alfred Friedrich Bluntschli in Formen des Neubarock errichtet wurde, vollendet.
Im Mai 1885 wird nach einer Bürgerversammlung ein Bürgerkomitee gebildet, das gemeinsam mit Oberbürgermeister Küchler und den Wormser Mitgliedern der Ständekammer C.W. (von) Heyl und Nikolaus Andreas Reinhart das Projekt einer festen Rheinbrücke vorantreiben sollte. Die Leitung des vorwiegend aus Kaufleuten bestehenden Gremiums übernimmt der Stadtverordnete Dr. Schneider.
Im April 1885 findet die erste Sitzung der Stadtverordnetenversammlung in dem neuen Sitzungssaal des nach Plänen Gabriel von Seidls umgebauten Stadthauses statt. Das prunkvoll gestaltete Sitzungszimmer wird durch ein monumentales Fresko von Prell an der Ostwand des Raumes beherrscht, das die Übergabe der Zollfreiheitsurkunde von 1074 durch König Heinrich IV. an die Bürger von Worms darstellt.
Im April 1886 tritt Karl Hofmann, der seit Frühjahr 1885 als Architekt der Hospitalverwaltung tätig war, die Stelle des Stadtbaumeisters als Nachfolger von Ludwig Euler an. Er wird zum Planer und Gestalter eines ”neuen Worms”. Im selben Jahr wird der Lederindustrielle Cornelius Wilhelm (von) Heyl (zu Herrnsheim) nobilitiert. Als nationalliberaler Abgeordneter des Reichstages und der ersten Kammer der hessischen Landstände sowie als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung nimmt er eine herausragende politische, wirtschaftliche und kulturelle Position in der Stadt ein. Außer zahlreichen wohltätigen und sozialen Einrichtungen stiftete er das Kunsthaus Heylshof. Durch sein Wirken gelangt die Wormser Lederindustrie zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu Weltruf.
Im Juni 1886 bricht infolge von Hochwasser des Rheins um zwei Uhr in der Nacht der Damm des sogenannten verschlossenen Wörths und verursacht eine große Überschwemmung. Nur wenige Monate später, im September, wird ein Projekt für die Wasserversorgung der Stadt nach eingehenden Wasser- und Bodenqualitätsuntersuchungen vorgelegt. Bis in die 80er Jahre versorgten sich die Einwohner aus öffentlichen oder privaten Pumpbrunnen.
Im Jahr 1887 gründet Cornelius Wilhelm Freiherr von Heyl zu Herrnsheim auf Initiative die ”Aktiengesellschaft zur Erbauung billiger Wohnungen namentlich zum Besten von Arbeitern in Worms”. Auch unter maßgeblicher Beteiligung der übrigen Wormser Geschäftswelt wird die Gesellschaft gegründet, die bis 1913 weitere 112 Häuser mit 224 Wohnungen errichtet. Die Arbeiterkolonie erhält den Namen ”Kiautschau” nach dem vom Deutschen Reich 1898 erpachteten Gebiet auf der chinesischen Halbinsel Schantung.
Im Jahr 1888 gehen die Bemühungen der Stadt um den Status einer Garnisonsstadt mit dem Bezug der neu erbauten “Prinz-Carl-Kaserne” durch das 118er Regiment endlich in Erfüllung.
Im selben Jahr wird die Liebfrauenkirche wieder zur Pfarrkirche durch Einrichtung einer Pfarrkuratie.
Am 14. Oktober 1888 wird das neue Krankenhaus eingeweiht und in Dienst gestellt. Der Hauptbau, der Verwaltungsbau, ist dreigeschossig mit zweigeschossigen Flügeln. Im rechten Winkel dazu stehen sich zwei langestreckte Baracken gegenüber, die die Männer- und Frauenstation beherbergen. Im Westen, parallel zum Hauptbau befindet sich der Küchenbau, hinter diesem die Isolierbaracke. In der äußersten Ecke des großzügigen Terrains wird die Leichenkapelle errichtet.